Outdoormesser
Eine kleine Übersicht
Ein verlässliches Outdoormesser ist für uns in der freien Natur, egal ob beim Bushcraften, Survivaltraining oder in einer echten Notlage, Gold wert. Das richtige Outdoormesser zu finden ist dabei gar nicht mal so einfach. Ersteinmal muss uns klar sein: Jedes Messer ist ein spezialisiertes Werkzeug und wie jedes Werkzeug ist es für ein konkretes Einsatzgebiet entworfen und designed worden. So hat ein Messer für einen Jäger andere Rahmenbedingungen zu erfüllen, als ein Messer für einen Angler oder ein Messer für einen Koch.
Für den Outdoorbereich gibt es verschiedene Oberkategorien, wobei die Übergängen oft fließend sind, welche man ganz grob so unterteilen kann: Survival, Bushcraft, Militär, Jagd.
In diesen groben Kategorien gibt es wiederum Spezialgebiete und weitere Unterteilungen. Beim Jäger z.B. spezielle Messer zum Abfangen oder Messer zum Aufbrechen des Tieres etc.
Wir suchen nun mit einem Outdoormesser die eierlegende Wollmilchsau. Es soll im Grunde alles können: Im Notfall gefangene Fische und/oder kleine Säugetiere verarbeiten können, Holz hacken, Holz aufbrechen, Holz spalten, schnitzen, Obst schneiden, den Feuerstahl bedienen usw. All das kann man mit einem typischen Outdoormessern -je nach Modell- mehr oder weniger gut machen. Wir müssen entscheiden was unsere Schwerpunkte sind. Das wäre also in unserem Fall hauptsächlich die Holzbearbeitung. Dazu kommt dann die Qual der Wahl was Preis, Optik, Haptik, Stahlsorte, Klingengeometrie und nicht zuletzt das „Griffgefühl“ angeht. Das Messer muss einfach Spaß machen wenn man es anfasst. Im besten Fall schon, wenn man es nur ansieht. Wir sind ja “nur” im Training oder möchten ein neues Hobby betreiben, da sollten wir ein besonderes Augenmerk auf unser Hauptwerkzeug werfen, damit wir auch Spaß in der Natur haben. Wir haben daher bei hochpreisigen Messern sehr oft Lederscheiden, gemaserte Holzgriffe, sog. Fulltang Klingen usw. Wer es dann noch spezieller (exklusiver) mag, für den gibt`s dann auch noch viele kleine Anbieter für Custom-Made Messer, die dann z.T. ordentlich ins Geld gehen. Dafür bekommt man aber im Gegenzug viel Handarbeit, Liebe zum Detail und im besten Fall ein Messer fürs Leben. Bei so vielen möglichen Kombinationen ist es gar nicht so leicht die Übersicht zu behalten und das passende auszuwählen. Die gute Nachricht ist: Für einen Tageskurs oder ein Survivalwochenende brauchen wir aber nicht so viel zu investieren. Mein persönlicher Tipp ist, tatsächlich ein möglichst günstiges Markenmesser zu kaufen. Z.B. von Mora, Hultafors, Fiskars uvm. Denn je häufiger man mit dem Messer arbeitet, desto besser lernt man die Vor- und Nachteile des erworbenen Outdoormessers kennen. Passt der Griff? Passt die Klingengeometrie? Dann kann man ja entscheiden ob man viel Geld in ein Messer ähnlicher Bauart aber höherer Qualität investieren möchte oder ob vielleicht ein anderer Messertyp besser zu einem passt.
Die Dame mit dem Kartoffelmesser
Tatsächlich hatte ich schon einmal eine Kursteilnehmerin die ein Kartoffelschälmesser anstatt eines Outdoormesser dabei hatte. In der Tat, in einer echten Notlage besser als nichts, aber auch nichts womit man beim ernsthaften arbeiten im Wald wirklich weit kommt. Ich rate aber auch von allzu martialischen Varianten mit Sägerücken, Zacken etc. ab. Auch 40 in 1 Tools sind meistens eher kritisch zu sehen. Ausnahme: Ein echtes Schweizer Taschenmesser. Vorzugsweise sollte jedoch ein Outdoormesser mit feststehender Klinge gewählt werden.
Joker Messer mit Skandischliff
K4 Messer mit Flachschliff
Damit das ganze Thema übersichtlich bleibt, habe ich mich auf einige wenige Messer beschränkt, welche ich selbst nutze und empfehlen kann. Allen gemein ist, dass sie eine feststehende Klinge haben- und da enden die Gemeinsamkeiten auch fast schon. Wichtig in diesem Zusammenhang: Das Messer sollte möglichst §42a (Waffengesetz) konform sein. Dort steht:
Es ist verboten :Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 cm zu führen. Wer auf Nummer sicher gehen will, bleibt also einfach unter 12 cm. Dazu gibt es natürlich -wie immer- diverse Ausnahmeregelungen, aber die Hersteller haben sich weitestgehend daraufhin angepasst und somit haben die Klingen oftmals eine Länge von knapp unter 12 cm. Das ist durchaus eine sehr gute Länge für ein „normales“ Bushcraft/Survival/Outdoormesser und viele Messerhersteller in deren Ländern es keine Beschränkungen wie bei uns gibt, stellen Messer mit einer Klingenlänge von rund 12 cm her.
Wie wichtig ist die Stahlsorte?
Die wohl häufigsten Stahlsorten für Outdoormesser sind Carbonstahl, Sandvik und D2. Es gibt daneben aber noch jede Menge anderer Varianten so dass eine komplette Übersicht den Rahmen hier sprengen würde. Carbonstahl ist eigentlich sehr gut weil er extrem hart und schnittfreudig ist. Leider ist er nicht rostfrei, so dass eine Carbonklinge immer etwas mehr Pflege bedarf als z.B. sogenannter D2 oder Sandvik Stahl (die sind rostträge/rostfrei) oder gar Edelstahl. Meiner Meinung nach spielt die Stahlsorte, sowie auch die Stahlhärte bei sachgerechtem Umgang aber nur eine untergeordnete Rolle.
Hultafors Messer aus Carbonstahl
Mora Messer aus rostfreiem Sandvik Stahl
Wie wichtig ist die Klingeneometrie?
Dieser Aspekt ist aus meiner Sicht bei einem Outdoormesser weitaus wichtiger als das Thema Stahl. Auch hier beschränken wir uns auf die drei häufigsten Klingenformen: Flachschliff, Skandischliff und balliger Schliff.
Jeder Schliff hat -natürlich- seine Vor- und Nachteile: Der Flachschliff ist extrem schneidfreudig und wird oft bei Küchen- oder Jagdmessern eingesetzt wenn z.B. sehr weiche Lebensmittel geschnitten werden müssen. Holzbearbeitung geht natürlich auch sehr gut damit, aber er neigt dazu etwas schneller zu verkeilen als z.B. ein balliger Schliff. Durch die sehr fein zulaufende Schneide ist er weniger zum batonieren oder für Hackarbeiten geeignet. Der Skandischliff ist, wie der Name vermuten lässt, sehr häufig bei Messerherstellern aus Skandinavien anzutreffen. Er ist prädestiniert fürs Bushcraften d.h. batonieren, schnitzen, generelle Holzarbeiten. Messer mit balligem Schliff sind meiner Meinung nach die typischen Survivalmesser. Durch den konvexen Schliff sind sie äußerst stabil an der Schneide und ebenfalls sehr gut zur Holzbearbeitung wie z.B. dem Hacken und brechen von Holz geeignet (Beile und Äxte haben z.B. einen balligen Schliff). Sie haben eine hohe Tendenz zur Wollmilchsau weil sie alles gut können. Ich persönlich komme aber tatsächlich besser mit dem Skandischliff klar, weil ich das Messer in der Regel nur zum Schnitzen und Batonieren benutze. Das ist etwas, was man ausprobieren muss, was einem am besten liegt.
Wie wichtig ist die Klingendicke?
Ein höherpreisiges Outdoormesser hat in der Regel eine sog. Fulltang-Klinge. Das heisst Messerschneide und Griff bestehen aus einem durchgehenden massiven Metallstück mit entsprechender Dicke. Die kann durchaus das Doppelte einer normalen Klingenstärke betragen.
Das bietet Sicherheit beim sog. Batonieren (Spalten von Holzstücken mittels Messer) da es nahezu ausgeschlossen ist, dass das Messer hierbei Schaden nimmt. Bei günstigen Messern kann u.U. der dünne Erl mit dem die Klinge im Plastikgriff verklebt ist, brechen. Es geht auch mit dünnen Klingen, bedarf aber etwas mehr Sorgfalt beim Arbeiten. Der Klingenrücken sollte nach Möglichkeit auch einen scharfen Grat zur Feuerstahlbedienung haben.
Wie wichtig ist der Griff?
Auch hier spielt die persönliche Vorliebe eine herausragende Rolle, so dass es auch hier kein „richtig oder falsch“ gibt. Der Griff muss zur Handgröße passen und auch mit nassen Händen grifffest sein. Zwar sehen Naturholzgriffe schön aus, jedoch sind sie auf dem Waldboden oft nur sehr schwer zu sehen. Als Anfänger mit vielleicht noch wenig Messerdisziplin (das gehört nämlich sobald wir nicht mehr schnitzen in die Scheide) ist es nicht verkehrt ein Messergriff in Signalfarbe zu wählen. Günstige Messergriffe sind oftmals durchgängige Plastiken mit eingeklebter Klinge (i.d.R. ein dünner Erl). Bei teuren werden die Griffschalen in der Regel angeschraubt oder genietet.
Joker Messer mit Holz-Griffschalen aus Maserbirke
Mora Messer mit Kunststoffgriff. Im Griff befindet sich ein kleiner Feuerstahl
Wie wichtig ist die Messerscheide?
Günstige Outdoormesser werden in der Regel in sehr einfachen Vollplastikscheiden ausgeliefert. Die sind auch vollkommen ok. Da brauche ich mir keine Sorgen machen wenn ich Lebensmittel mit dem Messer geschnitten habe und es wieder zurück stecke. Zuhause spüle ich sie einfach aus. In einer Lederscheide ist das nicht so ratsam. Da sollte ich das Messer vorher gründlich reinigen. Teurere Messer haben häufig eine Kydexscheide welche es erlaubt, noch diverses Zubehör an der Scheide zu montieren. Kydex und Lederscheiden geben außerdem die Möglichkeit einen sog. Dangler zu benutzen. Damit hängt das Messer sehr frei und tiefer an der Hüfte als an den starren Plastikschlaufen der günstigen Varianten.
Joker Messer mit genähter Lederscheide, Dangler und integriertem Feuerstahlhalter
K4 Messer mit Kydexscheide, Dangler und zusätzlich montiertem Feuerstahlhalter
Mora Messer mit einfacher Plastikscheide zum einklemmen an den Gürtel
Fazit
Das perfekte Outdoormesser für sich zu finden ist nicht so einfach. Da gibt es leider keine Abkürzungen als auszuprobieren, da dies eine sehr persönliche Entscheidung ist. Ich empfehle daher am Anfang nicht zu viel Geld zu investieren. Man denke in diesem Zusammenhang an zahllose Indigene Völker welche oftmals auf sehr günstige Messer aus Kohlenstoffstahl zurückgreifen (müssen) aber damit meisterlich klar kommen. Vermutlich würden sie uns aufgrund dieser ganzen Betrachtungsweise belächeln. Mit einem Budget von 20-30 Euro bekommt man schon sehr gute Messer mit denen man viele Jahre lang Freude in der Natur haben kann und die im Grunde alles erfüllen was man für kleinere Abenteuer benötigt. Wenn man dann etwas mehr investieren möchte geht das „alte“ Messer dann als Backup mit auf Tour, gemäß der alten Survivalregel:
„Two is one, one is none, three is better“.
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